13.12.2009

9.12.2009 - Verspätungskatastrophe in Wien

9.12.2009 - Verspätungskatastrophe
Heute, am 9.12.2009 auf der Nordbahnstrecke. Von Wien aus in Richtung Gänserndorf.Aufgrund einer "behördlichen Sperre" (netter Terminus, um Gebührenerstattungen aufgrund von mehr als 60 Minuten Verspätung zu sparen - meinen wir!) fielen gleich zwei S-Bahnen in Richtung Gänserndorf aus. Bei halbstündigem Intervall bedeutet das, eine Stunde lang kein Zug!
Der dritte Zug fuhr dann letztlich dorthin. Doch das war einer dieser "flotten", angenehmen WIESEL Züge. Die Wiesels sind wirklich komfortabel, aber halt ganz und gar nicht für den schnellen Passagierwechsel in den Stationen gebaut.Tja, und ein solcher Wiesel wurde heute vollgepfercht mit angfressenen Fahrgästen. Doch sehen Sie selbst.



Dieses Handyfoto entstand auf der Fahrt zwischen Süssenbrunn und Deutsch-Wagram. Nein, das ist keine Faschingsparty, sondern wir befinden uns in einem Wiesel Zug in Richtung Gänserndorf. Sie sehen den Stiegenaufgang. Richtig, hier lungert während der Fahrt normalerweise nie jemand rum - heute waren die Fahrgäste jedoch gezwungen, dies zu tun. Wer nach Hause wollte, musste einfach nur sehen wie er in den Zug reinkam...



Das zweite Bild blickt in Richtung Tür, diese ist verschlossen, das Foto entstand während der Fahrt. Alles dichtest gedrängt.


Bild 3 - der Versuch in den Fahrgastraum zu fotografieren. Ich kam leider nicht weiter durch, es war einfach alles gequetscht voll.

Tja. Da fällt es schwer, noch Fan der ÖBB zu bleiben! Der größte Hohn ereilte uns dann in Deutsch Wagram, als uns eine leere Schnellbahngarnitur am Bahnsteig wartend, überholte! Dort ein vollgepferchter Zug, da eine Leerfahrt. Nein, die ÖBB ist nicht gut im Organisieren. Wenns da knapp wird, dann geht gar nix mehr, das ist die traurige Wahrheit.

Details gefällig?

Vielleicht sollte ich noch ein wenig weiter vorne beginnen. Nachdem ich bereits seit 16.39 am Bahnsteig wartete, und zur Kenntnis nahm, dass die Verspätungen immer weiter nach vorne geschoben wurden, beschloss ich in die um 17.01h eingefahrene S-Bahn einzusteigen, um zumindest mal bis nach Floridsdorf zu gelangen. Da plötzlich eine etwas sehr leise geratene Durchsage aus den Lautsprechern der S-Bahn: "Reisende nach Gänserndorf bitte in diese Garnitur einsteigen, eine Weiterreise nach Gdf. von Floridsdorf wird eingerichtet!". Na Freude.

Eine Dame hinter mir machte ihrem Ärger in einem Handy Telefonat Luft, und sprach das gleiche was ich dachte, nämlich dass diese Durchsage ein wenig öffentlicher erfolgen hätte müssen, durch die Hauptlautsprecher des Bahnhofs, und nicht durch die viel zu leisen Zuglautsprecher.

In Floridsdorf angekommen, mussten plangemäß alle Fahrgäste aussteigen, und man wartete wohlwollend auf die "Extra Garnitur nach Gänserndorf", doch weit gefehlt. Da kam kein Extrazug nach Gänserndorf. 20 Minuten später trudelte der Wiesel Zug Richtung Bernhardsthal ein. Dieser würde nun ausnahmsweise in allen Stationen anhalten, also auch in Süssenbrunn, Helmahof, und Silberwald. Also alle rein in den Zug.

Keine Ahnung wieviele Leute in diesem Zug waren! Es erinnerte mich an Fasching oder an frühere Discos, Samstag abends, völlig und absolut überfüllt...

Die Turnaround Zeiten eines Wiesel Waggons in den Stationen, bei komplett überfüllten Gängen beträgt ungefähr 3 bis 4 Minuten. Das heißt, die Verspätung wuchs und wuchs und wuchs, ... es war eine Katastrophe!

Tja und dann, in Deutsch-Wagram, ein noch längerer Aufenthalt, na nu, was wär denn jetzt los, frage man sich... bis plötzlich eine leere Schnellbahngarnitur am Parallelgleis unseren Zug überholte! Da ging natürlich manchem ein Licht auf: Das wäre nämlich jene Garnitur gewesen, die bereits ab Floridsdorf nach Gänserndorf geführt werden hätte wollen!
Schlimm die Erkenntnis, dass die ÖBB schlicht und einfach nicht imstande war, zeitgerecht einen Zug bereitzustellen, denn damit hätte das Massaker im Wiesel Zug verhindert werden können!

So. Vielen Dank bis hierher mal für die Aufmerksamkeit.

Man muss wohl in irgendeiner Form Verständnis für diesen Tag aufbringen können. Es fällt halt einfach verdammt hart, wenn man am Nach Hause Weg mehr als eine volle Verspätung aufreißt, auf einem Bahnsteig wartend, ...

Die andere Seite

Wie versprochen, betrachtet dieser Blog auch die andere Seite. Am Nachmittag des 9.12.2009 ereignete sich im Bereich Brunn ein Unfall mit lethalem Ausgang - ich hoffe jeder kann sich denken was hier passierte. Was auch immer die Hintergründe waren, in jedem Fall ein sehr tragischer Vorfall.

Der Unfall hatte die eingleisige "behördliche Sperrung" der Strecke zur Folge. Somit musste südlich von Wien in der Vorabend Rushhour eingleisig gefahren werden. Was das im Falle der Südbahn bedeutet, muss wohl kaum erwähnt werden. Abwechselnde Benützung eines Einzelgleises, Horrorszenario für die Eisenbahn. Die bei der ÖBB eingesetzte Zugleittechnik ist nicht imstande, derartige Fälle kompakt und effizient abzuwickeln. Daher kam es zu Zugausfällen und enormen Verspätungen.

Das angesprochene Zugleitsystem der ÖBB arbeitet blockorientiert und kennt einen Begriff wie "kleinstmöglicher Sicherheitsabstand" nicht. Block ist Block, und pro Block fährt ein Zug, und fertig. GPS-unterstützte Techniken werden bei der ÖBB und vielen anderen europäischen Bahnen im S-Bahn Verkehr nicht eingesetzt.

Sie gehen recht in der Annahme, dass Ihr Internettaugliches Handy imstande wäre, in einer solchen Situation wesentlich mehr Züge durch die Engstelle durchzubringen. Die GPS Einheit Ihres Handy würde die Position des Zug feststellen und diese per GPRS an einen Zentralrechner melden, welcher wiederum aufgrund der Position des vorausfahrenden Zuges die Zielgeschwindigkeit zurücksenden würde, und ihr leistungsfähiges Handy würde per USB Kabel den Zug beschleunigen oder abbremsen.

Tja, sowas geht am Handy nun zwar schon seit locker 3 Jahren. Die ÖBB tickt jedoch ein wenig langsamer, vielleicht liegt der Grund aber gar nicht bei den ÖBB, sondern bei den Zulieferfirmen, die möglicherweise auch nicht sehr motiviert sind, mal eben zeitgemäße, moderne Zugtechnik anzubieten.

Zu diesem Thema dürfen Sie in nächster Zeit einen Artikel erwarten, zum Verspätungsthema vom 9.12.09 haben Sie nun möglicherweise Hintergrundinfo bekommen, die Sie zumindest ein wenig versöhnlich stimmen.

In diesem Sinne, bis zum nächsten Mal!

Ihr Franz Dampf.

6 Kommentare:

  1. Vielen Dank für die eindrucksvollen - und erschreckenden - Bilder. Ich wusste gar nicht, wie schlimm es dort tatsächlich ausschaut ...

    mfg Herr Franz

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  2. herrlich, wenn leute mit 0 ahnung von irgendwas einen beschwerdeblog veröffentlichen!
    gratulation...!

    behördliche streckensperre = personenschaden/suizid.

    und von der betriebsführung samt umlaufplänen der garnituren hat der herr franz logischerweise auch null plan.
    aber große reden schwingen.

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  3. Besten Dank für diesen Kommentar. Wie im Artikel geschrieben, wurde durch den Zugbegleiter ein Extrazug von Floridsdorf aus angekündigt. Es gelang der ÖBB nicht, diesen innerhalb von 20 Minuten bereitzustellen. Erst in Deutsch Wagram überholte diese eingeschobene Garnitur, noch dazu ohne Passagiere. Wie ärgerlich!
    Die behördliche Streckensperre wurde im Artikel bereits aufgeklärt.
    Ein Passagier muss die Betriebsführung seines öffentlichen Verkehrsmittels nicht verstehen, was zählt ist, ob es fährt, und ob es gut performt, in Gegenleistung zum Kauf der Fahrkarte, für der Kunde bares Geld löhnen musste.

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  4. Schön, dass es diesen Blog gibt!

    Ich persönlich boykottiere die ÖBB seit knapp 2 jahren nach kräften. nach 12 Jahren Pendeln konnte ich Zeuge der negativen Entwicklungen im letzten Jahrzehnt werden, und ich bin nicht mehr bereit, dies auch noch finanziell zu unterstützen. die ÖBB wollen lieber Güterzüge, dann sollen sie bitte auch Güter transportieren, aber nicht mich als Passagier.

    Schön, seinem Ärger mal luft machen zu können :)
    Ich hoffe, dass der Blog viel gelesen wird - vielleicht ändert sich ja dann etwas!

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  5. Danke für Ihren Kommentar - und ich kann nicht mehr als Ihnen zu glauben, denn ich selber pendle erst seit relativ kurzem.

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  6. Wohin kann man sich eigentlich wenden wenn es Probleme gibt?
    Mich aergert furchtbar dass es in Gaenserndorf keine Rolltreppe oder Lift gibt um zu den Bahnsteigen zu kommen.
    Mit Koffer, Kleinkindern oder aelteren Menschen zu reisen ist hier wohl nicht zu empfehlen.

    Angela Leeb

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