17.12.2009

Reparatur eines Blitzschlags

Im Juni fetzte der Blitz ins Stellwerk Süssenbrunn rein. Die Reparatur dauerte bis Anfang Dezember. Folge des Schadens war, dass alle Züge im Bereich Süssenbrunn mit maximal 40 km/h bummeln durften, und das über etliche Kilometer hinweg. Das tägliche Verspätungsroulette wurde zum Programm. Die Züge stellten sich an der Grenze zu Wien richtiggehend an, wer darf als Erstes, nein bitte zunächst der Zug aus Richtung Mistelbach, dann erst der aus Gänserndorf, ...
Die Reisenden hatten wenigstens eine Art Fernsehprogramm: Sie konnten Zug schaun. Doch leider interessiert das nur wenige. Die Hitze des Ärgers stieg so manchem zu Kopfe, die Beschwerdesituation wurde akut.

Zwischendurch wurde bekannt, wie die ÖBB ihre drei durch Blitzschlag defektierten Geräte reparieren ließ. Die Grüne Verkehrssprecherin Gabriela Moser zeigte sich sehr unzufrieden mit der Art, wie der Blitzschlag repariert wurde.
Eine Option war, die drei kaputten Geräte zu ersetzen. Dauer: Hmm. 3 Wochen?
Option zwei war jedoch, gar nicht zu reparieren, sondern das Stellwerk gleich durch eine externe Firma neu errichten zu lassen. Dauer: 6 Monate.

Daher - 6 Monate lang Verspätungen! Und Nein, es gab kein technisches Provisorium, um die wenigen defekten Teile vorübergehend soweit in Ordnung zu bringen, dass ein ungebremster Zugbetrieb stattfinden hätte können, sondern es wurde der Einfachheit halber im Sparprogramm verfahren. Züge mussten - laut den veralteten ÖBB Vorschriften, aber das ist ein anderes Kapitel - auf der kerzengeraden Strecke im Bereich Süssenbrunn, im Schritttempo dahinbummeln.
Anmerkung: Schritttempo bedeutet in diesem Fall 40 km/h. Dem Reisenden kommen diese 40 km/h nach den gewohnten 100 km/h in diesem Bereich, vor, als ob man steht - daher wird hier liebevoll, bzw. voll des Ärgers, üblicherweise das Substitut "Schritttempo" verwendet.
Das Thema Volkswirtschaft scheint den ÖBB sowas von queregal zu sein. Die Politik ist ohnehin zu träge, den ÖBB rasch vorzuschreiben, dass diese Art der Reparatur, mit 6 Monaten konsequenter Verspätung, inakzeptabel sei.

Einfache Überschlagsrechnung: 6 Monate sind etwa 125 Arbeitstage. Täglich pendeln geschätzt 3000 Pendler aus dem Osten ein (wahrscheinlich sind es einige mehr?). Jeder Pendler reißt im Schnitt 10 Minuten Verspätung auf. Zweimal täglich.
Ergibt 7.500.000 Minuten, das sind 125.000 Stunden, bei 8,5 Arbeitsstunden pro Tag sind das 14.706 Arbeitstage. Der Volkswirtschaftliche Schaden von 6 Monaten je 10 Minuten Verspätung sind daher 14.706 Arbeitstage. In Euro?

Österreich verdient im Durchschnitt um die 2.600 EUR brutto, für rund 21 Arbeitstage pro Monat. Seien wir nett und rechnen wir hier mit nur 2.200 EUR. Obige 14.706 Arbeitstage machen 700 Arbeitsmonate aus, das wären dann mit 2.200 EUR brutto gerechnet, satte 1,54 Mio Euro.

Der Volkswirtschaftliche Schaden der Süssenbrunn Verspätung betrug somit zumindest 1,54 Millionen Euro.
Auf Basis von extrem vorsichtigen Schätzungen von 3000 Pendlern pro Tag. Eine genauere Zahl wird nachrecherchiert.

Nachdem die Bahn ein Staatsbetrieb ist, sind sowohl Staat, als auch die ÖBB an diesem Schaden zu gleichen Teilen schuld. Wir werden nämlich nicht nur schlecht befördert, sondern auch schlecht regiert, meint

Ihr Franz Dampf.

2 Kommentare:

  1. Die ÖBB sind einfach katastrophal und ein Schandfleck von Österreich!

    So eine Misswirtschaft kann nicht funktionieren! Hoffentlich gehen diese roten Zecken bald pleite!

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  2. Sehr geehrter Herr "Franz Dampf",

    Ihr Eintrag ist zwar schon etwas älter, dennoch möchte ich kurz darauf antworten. Sie werfen hier der ÖBB vor, bewusst keine Reperatur der "defekten Geräte" veranlasst zu haben.

    Dies war aber auch gar nicht möglich. Bei dem Brand zerstört wurden nämlich nicht nur die "drei Geräte" (Signalrelaisgruppen), sondern auch die übrige Verkabelung, die bei einem Relaisstellwerk sehr umfangreich und kompliziert ist, wurde stark in Mitleidenschaft gezogen. Aus diesem Grund war die Sicherheit beim Betreiben des Stellwerkes nicht mehr gewährleistet, da hier zwar einzelne Kabelfehler ausgeglichen werden können, aber nicht eine so große Menge an Kabelfehlern wie es in Süßenbrunn nach dem Brand der Fall war. Das Risiko, dass es dadurch zu einem schweren Unfall bei Weiterbetrieb des Stellwerks gekommen wäre, war einfach zu groß. Es wurde daraufhin rasch ein Provisorium aufgebaut, allerdings kann so ein Provisorium bei einer so komplexen Anlage wie Süßenbrunn nicht dasselbe leisten wie die originale Anlage.

    Die Inbetriebnahme des neuen Stellwerks im Dezember 2009 ging auch ungewohnt rasch, normalerweise braucht man bei Stellwerken dieser Größenordnung eine viel längere Vorlaufzeit.

    Mein Fazit (ich arbeite nicht bei der ÖBB, habe aber einen guten Einblick in die Stellwerkstechnik): Die ÖBB haben alles gemacht um die Beeinträchtigungen möglichst gering zu halten, mehr war in der kurzen Zeit jeweils einfach nicht möglich.

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